Top Ten Tabu-Themen, die unsere Medien verschweigen

„Unpopuläre Ideen können zum Schweigen gebracht und unbequeme Tatsachen im Dunkeln gelassen werden, ohne dass ein offizielles Verbot erforderlich ist. Zu jedem Zeitpunkt gibt es eine Orthodoxie, ein Gedankengut, von dem man annimmt, dass es von allen richtig denkenden Menschen ohne Frage akzeptiert wird. Es ist nicht gerade verboten, dies, das oder das andere zu sagen, aber es ist ’nicht erlaubt‘, es zu sagen, so wie es in der Mitte der viktorianischen Zeit ’nicht erlaubt‘ war, Hosen in Gegenwart einer Dame zu erwähnen. Jeder, der die vorherrschende Orthodoxie in Frage stellt, wird mit überraschender Wirksamkeit zum Schweigen gebracht. Eine wirklich unzeitgemäße Meinung findet fast nie ein faires Gehör, weder in der populären Presse noch in den anspruchsvollen Zeitschriften.“

George Orwell: Nachwort zu „Animal Farm“

 

 

„Themen, die mir wichtig sind, werden von den Medien gar nicht ernst genommen“, berichtet laut einer Studie der Universität Mainz ein Drittel der Befragten. Besonders stark trifft diese Missachtung Männer, die sich in der Geschlechterdebatte äußern. Sie werden nur fair behandelt, wenn sie die eingefahrene Bahn von Männern/Tätern und Frauen/Opfern nicht verlassen. Wer das doch tut, wird von den Leitmedien diskreditiert oder totgeschwiegen: Über dieses Versagen journalistischer Moral berichtete inzwischen sogar die akademische Fachzeitschrift „Journal of Information Ethics“.

Zwar ist man als Dissident heute im Vergleich zu früheren Zeiten in einer Luxusposition: Oscar Wilde wurde wegen seiner Tabubrüche zu jahrelanger Zwangsarbeit im Zuchthaus verurteilt – ich hingegen kann, während ich verunglimpft werde, den halben Tag Netflix gucken. Schlecht allerdings geht es den Menschen, von deren Leiden wir berichten und denen Hilfe vorenthalten wird.

 

Treten Vertreter der Leitmedien doch mal mit einem in Kontakt, geschieht das oft auf abenteuerliche Weise. Fünf Beispiele allein aus den letzten Jahren :

* Im Oktober 2017 schreibt mich Vanessa Vu von der „Zeit“ an, ob ich für ein „Porträt“ zur Verfügung stünde. Ich weise darauf hin, dass ich kurz zuvor mit einem Hit Piece in der Frankfurter Allgemeinen schlechte Erfahrungen gemacht habe, und frage:. Wie wäre es stattdessen mit einem Interview, das ich vor der Drucklegung gegenlesen könne, um sicherzugehen, dass ich nicht verzerrend zitiert werde? Am folgenden Tag mailt mir Vanessa Vu, dass ein Artikel nicht mehr in Frage komme.

* Im April 2018 richtet der Professor für Soziologie Gerhard Amendt an der Frankfurter Goethe-Universität den Wissenschafts-Kongress „Familienkonflikte gewaltfrei austragen“ aus, den ich publizistisch unterstütze. Dort beleuchten Vorträge internationaler Experten den aktuellen Stand der Gewaltforschung, dem zufolge häusliche Gewalt oft in Form einer wechselseitigen Eskalation erfolgt. Noch vor seinem Beginn wurde der Kongress von mehreren Leitmedien als „Anti-Homo-Kongress“ dargestellt. „Männerrechtler und ‚Homo-Heiler‘ an der Uni“ titelte beispielsweise die Frankfurter Rundschau, „Protest gegen ‚Homo-Therapeuten‘ auf Uni-Campus“ die Hessenschau. Der kollektive Rufmord endete erst, als Professor Amendt, dagegen juristisch tätig wurde. In einer danach veröffentlichten Pressemitteilung der Kongress-Veranstalter heißt es: „Letztlich haben nahezu alle Medien von Merkurist, Frankfurter Rundschau, Hessenschau bis hin zu der Fraktion der Grünen im Römer Unterlassungserklärungen abgegeben oder eine einstweilige Verfügung der Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main hinnehmen müssen und diese als endgültige Regelung akzeptiert. (…) Alle Behauptungen waren ungeprüfte Unterstellungen und Schmähungen, die [Professor Amendts] Persönlichkeitsrechte verletzten.“

* Am 4. April 2019 fragt mich Julia Michel von Jan Böhmermanns Neo Magazin Royale (ZDF neo) als Interviewpartner für eine angebliche neue Reihe an, in der eine Person des öffentlichen Lebens ein Thema einer jungen Zielgruppe nahe bringen solle. Für die erste Folge sei der Themenkomplex Männerrechtsbewegung vorhergesehen, um dieses „medial unterrepräsentierte Thema ein wenig mehr ins Licht der Öffentlichkeit rücken“. Ich antworte, dass ich mir erst einmal einige Folgen dieser Reihe anschauen möchte, um einschätzen zu können, wie seriös sie ist. Die Redaktion fragt daraufhin bei Hannes Hausbichler an, dem Vorsitzenden von Österreichs Männerpartei, und fabriziert ein Video, das ihn bloßstellen soll. Hausbichler schreibt mir auf meine Frage über seine Erfahrungen mit der ZDF-Sendung: „Meine Antworten wurden gar nicht gezeigt, statt dessen einführende Worte wie ‚gute Frage‘, dann die Ähs und Öhs zusammengeschnitten und mich daraufhin dreist als jemand dargestellt, der ob der Fragen verwirrt und ratlos sei.“ Weitere Interviews dieser angeblichen „neuen Reihe“ sind auf Youtube nicht zu finden. Es ging dem ZDF offenbar allein darum, jemanden als Zausel vorzuführen, der sich für Jungen und Männer engagiert.

* Am 10. Juli 2019 treffe ich mich mit dem WDR-Mitarbeiter Wolfgang Minder, der einen Beitrag über „Frauenfeinde“ anfertigen möchte und mich dafür ausgewählt hat. Ich unke sarkastisch, auf so eine Inszenierung würde ich mich ja noch einlassen, wenn das der einzige Weg ist, wie die Öffentlich-Rechtlichen ihrem Programmauftrag nachkommen und auch über Aktivisten für Männeranliegen berichten würden. Allerdings müsse man noch klären, wie mit dieser Inszenierung als Frauenfeind beispielsweise Bücher wie dieses zu vereinbaren sind. Ich höre von Wolfgang Minder nie wieder ein Wort.

* Im März 2020 gebe ich dem Journalisten David Donschen und seinem Kamerateam ein mehrstündiges Interview für die ARD-Sendereihe „Rabiat“. Schon im Vorgespräch zeigt sich, dass Donschen Männlichkeit als hochproblematisch empfindet. Ich erkläre ihm in dem Interview, dass ersten Extremverhalten wie Amokläufe nicht mal für ein Promille aller Männer typisch sind und dass zweitens ein problematisches Verhalten einiger Männern auch dem Gender-Empathy-Gap zu verschulden ist. Beispielsweise interessiert sich unsere Gesellschaft nicht  wirklich dafür, dass sich schon männliche Teenager deutlich häufiger das Leben nehmen als weibliche, weshalb schon Jungen lernen, dass sie nur dann Aufmerksamkeit erhalten, wenn sie Probleme machen. Auch ist es nicht ein Zuviel sondern ein Zuwenig von Vätern, das dazu führt, dass Kinder sich ungünstig entwickeln.

Donschen überrascht mich während des Gesprächs mit BKA-Statistiken, die zeigen sollen, dass häusliche und sexuelle Gewalt weit überwiegend bis ausschließlich von Männern ausgehen. Ich zeige ihm anhand der vorliegenden Forschungsliteratur, dass die Kriminalstatistik nur das Hellfeld umfasst und das Dunkelfeld komplett anders aussieht. Donschen nimmt daraufhin das Interview mit mir nicht in seine Sendung auf.

* Im Sommer 2020 fragt Sebastian Leber vom Berliner „Tagesspiegel“ für ein Interview mit mir an. Ich sage zu, solange ich sicherstellen kann, dass ich korrekt zitiert werde. Prompt erscheint ein Artikel, der mich unter Beschuss nimmt, ohne dass ich zu den einzelnen Punkten Stellung nehmen konnte. Leber, der in einem früheren Beitrag der Antifa huldigte, bringt nun, statt über die ganz reale Gewalt und die Gefahr zu schreiben, die von der Antifa ausgeht, ausgerechnet die seit 20 Jahren komplett gewaltfreien deutschen Männer-Aktivisten mit Terrorismus und dem Massenmörder Anders Breivik in Verbindung und schüttet ihre Anliegen unter solchen bizarren Anwürfen zu. Mich selbst stellt der „Tagesspiegel“ als Rechtsradikalen dar: das klare Gegenteil zu meinem  tatsächlichen Lebenslauf.

 

Was hier stattfindet, kennt man eigentlich aus ganz anderen Ländern. In Saudi-Arabien diskreditieren Regierung und Medien Frauenrechtlerinnen; in Marokko und der West-Sahara zieht das herrschende System Menschenrechtler durch den Schmutz. Deren Appelle haben in dem dortigen Denken keinen Platz. Also: Kill the messenger. Verblüffend ist, dass deutsche Medien genauso arbeiten.

Das ist keine neue oder auf Männer-Aktivisten begrenzte Entwicklung. In seinem Buch „Totschweigen und Skandalisieren“ zeigt der Mainzer Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger: Schon seit Jahren werden in unseren Leitmedien abweichende Meinungen keineswegs „sachlich und ernsthaft diskutiert, sondern die Meinungen und mit ihnen ihre Vertreter diskreditiert“. Dabei stellt Kepplinger eine „irreführende Kombination und Verkürzung von Aussagen“ der dargestellten Personen sowie die „irreführende Ausklammerung und Darstellung wichtiger Informationen“ fest. Gleichzeitig haben deutlich mehr als ein Drittel aller Nichtregierungsorganisationen – zu denen auch maskulistische Vereine gehören – „kaum eine Chance, über Kontakte zu Journalisten in den Medien Beachtung zu finden“. Nach Aussagen von mehr als einem Drittel wurden ihre „Stellungnahmen weniger beachtet als sonst“, ihre „Argumente nicht richtig dargestellt“. Warum sind die Leitmedien unfähig, sich mit ihrem Verlust an moralischer Orientierung selbstkritisch zu befassen? Das liegt auch daran, dass die deutschen Leitmedien ihr größtes historisches Versagen nie aufarbeiten mussten: „Seit den sechziger Jahren wurde die fragwürdige Rolle fast aller Institutionen im Dritten Reich ausgiebig thematisiert – der Kirchen, der Politik, der Industrie, der Justiz, des Militärs usw. Die große Bedeutung der Medien für die zunehmende Akzeptanz des Nationalsozialismus nach der Machtergreifung blieb davon ausgespart.“

„Das Totschweigen wichtiger Fakten und Meinungen dürfte wesentlich seltener vorkommen als das Skandalisieren von Personen, Organisationen und Sichtweisen“, stellt Kepplinger fest. „Trotzdem handelt es sich aus drei Gründen um das bedeutendere Problem. Erstens verstößt es gegen eine fundamentale journalistische Berufsnorm – die Publikationspflicht. Zweitens verfehlen die Medien dadurch ihre wichtigste gesellschaftliche Funktion – die Information der Bevölkerung. Drittens erkennt die Mehrheit der Bevölkerung in der Regel weder das mediale Problem (das Totschweigen von Informationen) noch das gesellschaftliche Problem (das totgeschwiegene Geschehen).“

 

Welche Tabus brechen wir Männerrechtler nun, so dass  „Qualitätsjournalisten“ über uns entweder gar nicht oder nur in Form massiver persönlicher Diskreditierung berichten? Welche Themen sind derart heiße Eisen, dass Leitmedien alle ihnen zur Verfügung stehenden Register ziehen, damit niemand darüber spricht?

Ich habe hier einmal zehn zentrale Tabus aus meinen Fachbereichen, (Geschlechterforschung, sexuelle Gewalt und Menschenrechte) zusammengestellt, die von den Leitmedien höchstens in einem vereinzelten Artikel erwähnt werden, denen man aber keine größere Aufmerksamkeit zukommen lässt. Zu jedem Thema, das ich hier nur schlaglichtartig anreiße, finden sich in meinen Büchern längere Kapitel mit ausführlicheren Quellenangaben.

 

1. Die hohe Rate sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Mütter und andere Frauen

Michelle Elliott, international anerkannte Expertin in diesem Bereich, führt in ihrem Buch „Frauen als Täterinnen“ die größten Mythen zu diesem Thema auf: Frauen begehen keinen sexuellen Missbrauch, oder nur, wenn sie von Männern dazu gezwungen werden, oder nur sanft und liebevoll oder nur aus einer Art fehlgeleiteter Mutterliebe. Seriöse wissenschaftliche Forschung gelangt seit Jahrzehnten zu einem gänzlich anderen Bild als solche Verklärungen. Einige Beispiele:

* Eine Studie von Fritz, Stoll und Wagner, bei der mehrere hundert College-Studenten befragt wurden, kam bei den männlichen Missbrauchsopfern unter ihnen auf 60 Prozent weibliche Täter.

* Eine Studie von Risen und Kross (hier zitiert) kam bei knapp dreitausend befragten männlichen Studenten auf 47,1 Prozent weibliche Täter.

* Eine Studie unter Jugendlichen in Untersuchungshaft (hier zitiert) ergab, dass 70 Prozent von ihnen vor ihrer Inhaftierung sexueller Gewalt ausgesetzt waren. Dafür waren zu 58 Prozent weibliche Jugendliche verantwortlich. J. Brannon, der Leiter der Studie, nimmt an, dass es einen Typus von weiblichen Jugendlichen gibt (z. B. Freundinnen älterer Geschwister und Babysitter), deren Opfer Jungen vor der Pubertät sind.

* Die amerikanische NHSLS, die nationale Gesundheits- und Soziallebensstudie (hier zitiert), ergab, dass 17 Prozent der Frauen und 12 Prozent der Männer vor ihrer Pubertät von älteren bzw. erwachsenen Personen sexuell berührt worden waren – die Mädchen vorwiegend von Männern, die Jungen vorwiegend (zu zwei Dritteln) von Frauen. Das Fazit der NHSLS: Sexueller Missbrauch ist kein Verbrechen von Männern gegen Mädchen, sondern von Teenagern und Erwachsenen gegen Kinder.

Für die deutschen Leitmedien indes bleibt sexueller Missbrauch durch Frauen ein Tabu, das nicht thematisiert werden darf. Mehr als selten ist eine Passage wie diese in einem Spiegel-Online-Artikel aus dem Jahr 2016 über sexuellen Missbrauch:

„Eine Tätergruppe wird oft übersehen: Frauen. Die Hälfte aller Männer und zehn Prozent der Frauen, die als Kinder sexuell missbraucht wurden, berichten von einer Täterin. In bis zu sieben von 100 Fällen war die biologische Mutter übergriffig – deutlich öfter als Stiefväter (vier Prozent) und nicht viel seltener als der biologische Vater (bis zu neun Prozent).“

In C. M. Allens Studie „Frauen als Täter bei sexuellem Kindesmissbrauch – Erkenntnisbarrieren“ wird die alles bestimmende These der Frauenbewegung vom Missbrauch als Folgeerscheinung von männlicher Herrschaft und der Ausbeutung der Frau als einer der Hauptgründe dafür in Erwägung gezogen, dass männlichen Opfern grundsätzlich nicht geglaubt wird.

 

2. Weibliche Sexualgewalt unter Erwachsenen

Wissenschaftliche Studien, die beide Geschlechter in den Blick nehmen, gelangen zu dem Ergebnis, dass beide Geschlechter ähnlich stark von sexueller Gewalt betroffen sind. Die aktuellste Forschung stammt von der US-amerikanischen Geschlechterforscherin und Menschenrechtlerin Lara Stemple (siehe z.B. hier, hier, hier und hier). Sie ermittelte aufgrund landesweit erhobener repräsentativer Daten, dass Männer und Frauen fast genauso häufig nicht-einvernehmlichen Sex erlebten, wobei die meisten männlichen Opfer von weiblichen Tätern berichteten. 1,270 Millionen weiblichen Opfern standen 1,267 Millionen männliche Opfer gegenüber – ein fast deckungsgleiches Ausmaß. 79 Prozent der Männer berichteten, sie seien im Laufe ihres Lebens schon einmal gezwungen worden, in eine andere Person einzudringen, was, wie Stemple betont, nach Ansicht der meisten Forscher eine Form der Vergewaltigung darstellt. Stemple und die Mitarbeiter ihres Forscherteams beklagen eine „Kultur der Verleugnung“ und des Herunterspielens dieses Problems, was sich selbst in Bereichen wie der Sorge für geistige Gesundheit, der Sozialarbeit und dem Rechtswesen finde. Stemple selbst bezeichnet ihre Erkenntnisse als „überraschend“. Tatsächlich hatte ich bereits 2001 in meinem Buch „Sind Frauen bessere Menschen?“ über Studien berichtet, die zu ähnlichen Erkenntnissen gelangten, und tue das anhand der aktuellsten Forschungslage immer wieder.

Von diesem bemerkenswerten Zahlenverhältnis berichtete die US-amerikanische Professorin für Frauenstudien Abigail Rine 2013 im linksliberalen Magazin The Atlantic. Bei den zum Sex genötigten Männern waren die Täter in achtzig Prozent aller Fälle weiblich. „Wenn diese Zahlen auch nur annähernd zutreffen“, so Rine, „zeigen sie ein signifikant anderes Bild von sexueller Gewalt in den USA, als ich gewohnt bin.“ Im feministischen Spektrum entzog sich lediglich das Blog Everyday Feminism dieser Tabuisierung der hohen Zahl männlicher Opfer. Brittany Tyler von der Canadian Association for Equality weist darauf hin, dass einige Zahlen dieser Statistik sogar auf eine leicht höhere Opferrate unter Männern schließen lassen.

Im Oktober 2013 berichtete das Wissenschaftsmagazin National Geographic über eine aktuelle Studie, die von den Wissenschaftlerinnen Michele Ybarra und Kimberly Mitchell in der akademischen Fachzeitschrift JAMA Pediatrics veröffentlicht wurde. Diese Untersuchung zeigte, dass im Alter von unter 18 Jahren beide Geschlechter in etwa demselben Ausmaß zu sexuellen Übergriffen neigen. „Vor nicht allzu langer Zeit wurden Männern die Fragen über Tätererfahrungen und Frauen die Fragen über Opfererfahrungen gestellt“, erläutert Ybarra den sexistischen Hintergrund, der zur bis heute bestehenden Schieflage der Debatte über sexuelle Gewalt führte. „Wir haben die Tatsache nie wahrgenommen, dass Männer Opfer und Frauen Täter sein könnten.“

Eine 2007 im kanadischen Vancouver durchgeführte Studie über auf der Straße lebende Jugendliche überraschte die Forscher mit der Erkenntnis, dass eine beträchtliche Anzahl von Frauen an der sexuellen Ausbeutung dieser gefährdeten Jugendlichen beteiligt sind: Frauen waren für 79 Prozent der sexuellen Ausbeutung von Jungen und einen kleineren Prozentsatz der Mädchen verantwortlich.

Auf den Seiten der News-Plattform Telepolis veröffentlichte der Professor für Psychologie Stephan Schleim am 13. Oktober 2016 den Beitrag „Sexuelle Gewalt: Neue Studien belegen geringe Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Opfern“. Darin erläutert Schleim: „Medien und Politik zeichnen ein einseitiges wie eindeutiges Bild: Opfer sexueller Gewalt sind vor allem Frauen. Männer werden in der Regel als Täter dargestellt. Neue Studien widerlegen dieses Bild deutlich. (…) Es ist höchste Zeit, dass Medien und Politik ihr falsches Bild korrigieren.“

Vier Jahre später hat sich nichts dergleichen getan. Viel lieber porträtieren Leitmedien die Männeraktivisten, die dieses Tabu brechen, als Frauenfeinde und Witzfiguren.

 

3. Sexuelle Belästigung von Männern

Im Herbst 2017 brandete angestoßen von Vorwürfen gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein und die sogenannte MeToo-Kampagne eine erneue Debatte über sexuelle Belästigung auch durch Deutschland. „Frauen brechen ihr Schweigen“ titelte der Stern, Talkshows diskutierten das Leiden der weiblichen Opfer. Für Männer war die Täterrolle vorgesehen.

Damit allerdings wurde die „Sexismus-Debatte“ selbst massiv sexistisch. Denn die Wirklichkeit sieht auch hier anders aus als die mediale Inszenierung. „Jede/r zweite Befragte hat gesetzlich verbotene Belästigungen am Arbeitsplatz schon einmal erlebt“ meldeten etwa viele Medien mit Bezug auf eine Studie, die vom Sozialwissenschaftlichen Umfragezentrum Duisburg (SUZ) im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführt worden war. Komplett „vergessen“ wurde in vielen Artikeln herauszustellen, dass dieser Umfrage zufolge das männliche Geschlecht stärker betroffen war: 56% aller Männer und 49% aller Frauen hatten eine der im Gesetz genannten Belästigungssituationen schon einmal selbst erlebt. Allein die Wirtschaftswoche titelte im März 2015 klar: „Männer häufiger von Übergriffen im Job betroffen als Frauen“.

Bemerkenswert war, wie Spiegel-Online mit diesen Angaben umging. In einem Artikel, der über sexuelle Belästigung berichtete, wurden die Zahlen einfach zwischen den Geschlechtern vertauscht, auf dass sie wieder in das Raster der diskriminierten Frau passten:

„Tatsächlich werden Frauen immer wieder Ziel von sexueller Belästigung, etwa am Arbeitsplatz. Eine Studie für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom vergangenen März zeigt das deutlich: Insgesamt haben 56 Prozent der Frauen schon einmal in ihrem Berufsleben eine Situation erlebt, die gesetzlich als sexuelle Diskriminierung gilt, und 49 Prozent der Männer.“

Erst nachdem ich auf meinem Blog Genderama diese Falschdarstellung öffentlich gemacht hatte, wurde der Spiegel-Online-Artikel umgeschrieben und durch eine Anmerkung ergänzt:

„In einer früheren Fassung des Artikels wurden zwei Zahlen verwechselt, sodass der Eindruck entstand, Männer seien insgesamt seltener von Diskriminierung betroffen. Wir haben die Passage korrigiert.“

Internationale Zahlen weisen in eine ähnliche Richtung: Dem Wirtschaftsmagazin Forbes zufolge hatten schon im Jahr 2006 mehr Männer als Frauen angegeben, Opfer von Sexismus am Arbeitsplatz geworden zu sein. Laut der von der American Association of University Women herausgegebenen Studie „Drawing the Line: Sexual Harassment on Campus“ sind die Betroffenenzahlen fast deckungsgleich: 62 Prozent der weiblichen und 61 Prozent der männlichen Schüler wurden Opfer von sexueller Belästigung. Vier Forscher legten eine Folgestudie an und gelangten zu dem Ergebnis, dass sich die Mehrheit beider Geschlechter sowohl als Opfer wie auch als Täter sexueller Belästigung beschrieben habe, weshalb man das bisherige simple Täter-Opfer-Modell infrage stellen müsse.

Das bestätigte eine Ende 2013 veröffentlichte repräsentative Studie der Universität Lausanne und des Unternehmens „Forschung und Beratung“, die zeigte, dass Frauen und Männer am Arbeitsplatz ähnlich oft sexuell belästigt werden und dass Frauen in fast der Hälfte der Fälle zu den Tätern gehören. 66 Prozent der befragten Frauen und 71 Prozent der befragten Männer räumten ein, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal ein Verhalten gezeigt zu haben, das vom Gegenüber als belästigend hätte empfunden werden können. Dieses Verhältnis zeigt sich auch innerhalb bestimmter Berufsfelder: So outeten sich in einer Umfrage über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, die die ehemalige Stewardess Sylvia Gaßner unter Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern durchführte, Männer fast genauso häufig als Betroffene wie Frauen.

 

4. Vergewaltigungen im Gefängnis

Vor mehr als 20 Jahren machte die amerikanische Bürgerrechtlerin Nadine Strossen darauf aufmerksam, dass in den USA deutlich mehr Männer als Frauen vergewaltigt werden, wenn man die Situation in den Gefängnissen mitzählt. Dieses Verbrechen erhält jedoch kaum öffentliche Aufmerksamkeit. Eine ungewöhnliche Ausnahme war die britische Daily Mail, die mit Bezug auf Zahlen des US-Justizministerium geschätzte 216.000 Vergewaltigungen pro Jahr in Gefängnissen den jährlich 90.479 angezeigten Vergewaltigungen außerhalb der Gefängnismauern gegenüberstellte. Auch in Großbritannien ist von Tausenden hinter Gittern vergewaltigten Männern pro Jahr die Rede.

Was die Situation in Deutschland angeht, zeigte eine 2012 veröffentlichte Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Jugendvollzug innerhalb eines Monats vergewaltigt zu werden, bei sieben Prozent liegt. „Das ist eine Horrorquote. Wir haben ja nicht nach einem Jahr gefragt“, erklärte dazu Christian Pfeiffer, Leiter des Forschungsinstituts. Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) allerdings erklärte, er könne derlei Zahlen „gut akzeptieren“. Ein Knast sei nun einmal „keine Mädchenpension“. Mediale Empörung gab es nach diesem Statement nicht.

Auch eine Anfang 2010 veröffentlichte Studie des US-Justizministeriums stellt gewohnte Geschlechterklischees auf den Kopf. Ihr zufolge werden zwölf Prozent aller Jugendlichen während ihrer Haft sexuell missbraucht – und die große Mehrheit von ihnen durch Wärterinnen. Über eine Untersuchung von sexuellem Missbrauch von Häftlingen durch das Haftpersonal berichtet das Magazin The Atlantic Folgendes:

„Unter den Erwachsenen, die sexuellen Kontakt mit dem Gefängnispersonal meldeten, einschließlich einiger Kontakte, die Gefangene als ‚freiwillig‘ bezeichneten, die aber tatsächlich oft mit Zwang zu tun haben und immer illegal sind, nannten 80 Prozent ausschließlich weibliche Täter. Bei den Jugendlichen waren es 89,3 Prozent. Homosexuelle Männer und Frauen berichteten zwei- bis dreimal häufiger über solche Fälle. ‚Der unverhältnismäßige Missbrauch durch weibliche Mitarbeiter tritt nicht auf, weil mehr Frauen beim Haftpersonal tätig sind‘, schreiben die Autoren der Studie. ‚Männer sind in Positionen, die einen direkten Kontakt mit Insassen erfordern, in einem Verhältnis von drei zu eins in der Überzahl.'“

 

5. Sexistische Justiz

„Theoretisch müssen Männer und Frauen bei gleichen Taten auch gleich bestraft werden“, äußerte sich der Berliner Richter am Amtsgericht a.D. Professor Ulrich Vultejus in einem Interview mit der Zeitschrift für Rechtspolitik. „Rechtssoziologen wollen herausgefunden haben, dass Frauen etwas milder bestraft werden. Ich bin in Strafverfahren gegen Frauen immer wieder in Schwierigkeiten geraten und habe mich deshalb jeweils gefragt, welche Strafe würde ich gegen einen Mann bei derselben Anklage verhängen und auf diese Strafe alsdann abzüglich eines ‚Frauenrabatts‘ erkannt. Ähnlich scheinen es auch meine Kollegen zu handhaben, wie die eben wiedergegebene rechtssoziologische Untersuchung ergibt. Ein Frauenrabatt ist gerechtfertigt, weil es Frauen im Leben schwerer haben und Strafen deshalb bei ihnen härter wirken.“

Was Vultejus schildert, ist kein regionales oder auch nur rein deutsches Problem. So zeigte sich in einer 2012 veröffentlichten Untersuchung von Sonja Starr, Juniorprofessorin an der Universität Michigan, dass Männer für dasselbe Verbrechen eine im Schnitt 63 Prozent höhere Haftstrafe erhalten als Frauen. Auch könnten verhaftete Frauen signifikant häufiger einer Anklageerhebung und Verurteilung vollkommen entgehen. Zwei Jahre zuvor hatte in Großbritannien ein Richterhandbuch für Aufsehen gesorgt, dem zufolge Männer schwerer bestraft werden sollen als Frauen, weil sie es im Leben leichter hätten.

In der Schweiz wurde im Jahre 2012 eine Studie veröffentlicht, die eine Tendenz von Richtern, Männer schwerer zu bestrafen als Frauen auch ohne ausdrückliche Anordnung nachweist und sich in dieser Hinsicht mit einer Untersuchung des Schweizer Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2005 deckt: Bei einer groben Verletzung von Verkehrsregeln beispielsweise erhalten Männer häufiger bedingte Freiheitsstrafen, wo Frauen noch mit einer Geldbuße davonkommen.

In den USA führt der Rechtsanwalt Marc Angelucci auf der Website der männerfreundlichen Feministin Wendy McElroy mehrere weitere Studien an, die belegen, dass Männer für dasselbe Verbrechen empfindlich schwerer bestraft werden als Frauen. Während etwa eine schwarze Hautfarbe das Risiko, im Gefängnis zu landen, um 19 Prozent hebe, hebe die Angehörigkeit zum männlichen Geschlecht dieses Risiko um 165 Prozent. Auch die Dauer der Haft wird mehr dadurch verlängert, dass die betroffene Person männlich ist als durch jeden anderen Faktor der Diskriminierung einschließlich der ethnischen Herkunft. Und mehr noch: Wer statt einen Mann eine Frau tötet, muss mit einer im Schnitt um 40,6 Prozent höheren Haftzeit rechnen.

Ein akademisches Fachbuch zur Geschlechterforschung, Linda Mealeys „Sex Differences. Developmental and Evolutionary Strategies“ berichtet:

„Weil den Handlungen von Menschen Vorurteile unterliegen, führt es zur Diskriminierung im Justizsystem, dass Männer mit Verbrechen und Gewalt assoziiert werden. Versuche mit simulierten Geschworenenverfahren etwa zeigten, dass männliche Angeklagte eher für schuldig gehalten werden als weibliche und dass Angeklagte härter behandelt werden, wenn das Opfer weiblich ist. Eine Studie zeigte, dass sogar wenn sie das Opfer sind, Männer eher Mitschuld an einem Verbrechen gegeben wird als Frauen.“

Inzwischen räumen auch feministische Wissenschaftler ein, dass sich die These Studie für Studie als robust erweist, dass Männer für dasselbe Verbrechen schwerer bestraft werden als Frauen. Anhand der Vergleiche von Gerichtsurteilen über ein und dieselbe Tat zeige sich: Auch wenn man sämtliche anderen Faktoren (beispielsweise Vorstrafen des Angeklagten, seine Verpflichtungen als Elternteil etc.) herausrechnete, wurden Männer doppelt so häufig wie Frauen zu einer Haftstrafe verurteilt.

Die Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht beginnt bereits im frühen Lebensalter, ermittelte die Feministin Christina Hoff Sommers: Selbst wenn sich Jungen und Mädchen in vergleichbarer Weise ungezogen benehmen, knöpfen sich die Lehrer dreimal so häufig die Jungen vor. Jungen werden auch eher in aller Öffentlichkeit laut zurechtgewiesen und erhalten schwerere Strafen als Mädchen, die oft nur beiseite genommen und leise ermahnt werden.

Würden Frauen statt Männer in all diesen Zusammenhängen schwerer bestraft, würden dies die „taz“, die „Zeit“, die „Süddeutsche“, der „Spiegel“ und die Öffentlich-Rechtlichen in einer Flut von Beiträgen als systemische Diskriminierung anprangern. Sind Männer die Benachteiligten, herrscht ein großes Schweigen. All diese Medien interessieren sich nicht ernsthaft für sexistische Diskriminierung, sondern nur wenn diese Diskriminierung Frauen trifft.

 

6. Sämtliche Themen, die auf dieser Website unter der Rubrik „Menschenrechte“ aufgeführt sind

Ob es um männliche Opfer von Genderziden geht, Massenvergewaltigungen bei militärischen Auseinandersetzungen oder Menschenhandel und Prostitution: In unseren Leitmedien findet man über diese Opfer kaum ein Wort. Sie haben das falsche Geschlecht.

 

7. Obdachlosigkeit als Männerproblem

Wenn immer zu einem größten Teil Frauen von einem gesellschaftlichen Problem betroffen sind, wird in unseren Leitmedien thematisiert, dass die Betroffenen überwiegend weiblich sind. Oft wird daraus sogar auf eine Benachteiligung von Frauen im allgemeinen extrapoliert. Sind vor allem Männer von einem Missstand betroffen, herrscht darüber ein Schweigetabu: beispielsweise bei Obdachlosigkeit. Dort beträgt der Männeranteil zwischen achtzig und neunzig Prozent. Obwohl dieses Ungleichgewicht massiv ist, wird es von Politik und Medien nicht mal zu einem Promille so intensiv diskutiert wie die Einführung einer Frauenquote im oberen Management. In Büchern, die sich mit der Ausgrenzung und Stigmatisierung von Obdachlosen beschäftigen, findet man dementsprechend klare Worte gegen den hier herrschenden Sexismus:

„Leider ist die Gender-Diskussion zu sehr auf die Dominanz von ganz bestimmten Männergruppen zugeschnitten (sagen wir mal, die privilegierten und bessergestellten) und mit der Abwertung einer ganz spezifischen Lebens- und Berufsbiografie verbunden. Prekäre männliche Lebenswelten, die inzwischen, auch auf dem Hintergrund der Massenarbeitslosigkeit und sozialen Unsicherheiten, mehr und mehr zunehmen, sind bislang nur randständig thematisiert.“

 

8. Die hohe Zahl männlicher Opfer von Selbsttötungen

Männer bringen sich drei Mal häufiger um als Frauen – dieses starke Übergewicht und die Gründe dafür sind für unsere selbsternannten „Qualitätsjournalisten“ nicht von Interesse. „Wenn es eine solche Suizidrate bei Frauen geben würde, wäre das Thema in jeder Talkshow“, kommentiert der Düsseldorfer Facharzt für Psychiatrie Professor Matthias Franz. „Aber bei den Männern fragt man nicht mal nach.“ Bei Jungen gibt es sogar, so Professor Franz, „vom Bundesamt für Statistik veröffentlicht, ohne dass Notiz davon genommen wurde, eine achtfach erhöhte Suizidrate gegenüber Mädchen.“

„Eine öffentliche Problematisierung dieser Fakten ist bisher ausgeblieben“, erklärt auch der Männerforscher und Soziologe Professor Walter Hollstein. „Es gehört wenig Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie es im umgekehrten Fall wäre. Im Klartext: Wenn die Zahlen männlicher Suizidopfer auf Frauenseite zu Buche stünden, wäre der Aufschrei gewaltig.“

 

9. Weiblicher Sextourismus

„Beim heutigen Sex-Tourismus geht es nicht mehr nur darum, dass ältere Männer aus westlichen Ländern auf der Suche nach jungen Mädchen in Asien sind“, berichtet Theo Noten von der Kinderschutzorganisation Defense Children-Epcat, die weltweit gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern kämpft. „Immer mehr westliche Frauen machen das Gleiche in Afrika. Es kommt auch immer häufiger vor, dass diese Frauen das Bett mit Minderjährigen teilen. Das ist ein neuer Trend.“

Einer Studie aus dem Jahr 2008 zufolge begannen Frauen bereits in den sechziger Jahren, den Sextourismus als Kundinnen zu entdecken. Beliebte Ziele für reifere und meist gutbetuchte Damen sind außer der Karibik die afrikanischen Staaten Gambia, Ghana, Südafrika und Kenia. Besonders problematisch ist der weibliche Sextourismus dort, weil die Besucherinnen die Verwendung von Kondomen gerne vermeiden, da sie ihnen zu „geschäftsmäßig“ sind. Infolgedessen wird die Verbreitung von HIV und AIDS auch auf diese Weise gefördert.

Selbst bei der Begriffsbildung wird hier zwischen den Geschlechtern getrennt: Was man bei Männern als „Sextourismus“ bezeichnet, heißt bei Frauen häufig „Liebestourismus“ („romance tourism“). Dabei ist sich die Fachliteratur einig, dass diese Trennung künstlich ist. Ein Fachaufsatz über „Liebestourismus“ fasst die Erkenntnisse verschiedener Forscher zusammen:

„In der neuesten Forschung ist die Unterscheidung zwischen Sextourismus und Liebestourismus zusammengebrochen. Kempadoo weist darauf hin, dass sowohl männliche als auch weibliche Sexarbeiterinnen ihre Tätigkeit gerne romantisieren – beide schaffen eine Atmosphäre von Freundschaft, Romantik und mehrdeutigen Beziehungen. Kempadoo argumentiert, dass karibische Frauen wie Männer versuchen, eine Liebesbeziehung aufzubauen, die ihnen eine gewisse ökonomische Sicherheit oder eine Flucht aus elender Armut verschafft. Jacqueline Sanchez-Taylor stellt fest, dass die sexuell-wirtschaftlichen Beziehungen, die weibliche Touristen mit einheimischen Männern haben, auf denselben globalen wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten beruhen, die dem männlichen Sextourismus zugrunde liegen. Amalia Cabezas betont, dass die Elemente, die am sogenannten Sextourismus beteiligt sind, ebenfalls mehrdeutig sein können und über das Raster von Opfer und Unterdrücker hinausgehen.“

„Männlicher Sextourismus wird seit Langem als ausbeuterisches Verhalten angesehen“, berichtet der simbabwische Journalist Tatenda Gwaambuka, „aber irgendwie ändert sich die Geschichte, wenn es um die weibliche Version desselben Geschäftes geht. Die Damen verwischen ihre Spuren, indem sie behaupten, sie kaufen keinen Sex, sondern helfen den jungen Männern finanziell aus.“ Beispielhaft zitiert er eine Sextouristin, die von der Nachrichtenagentur Reuter interviewt worden war und die Dinge so darstellte: „Es ist ein soziales Arrangement. Ich kaufe ihm ein schönes Hemd und wir gehen essen. Solange er bei mir bleibt, zahlt er für nichts und ich für das, was ich will – eine gute Zeit.“

Gwaambuka wendet sich gegen den Versuch, die Ausbeutung „mit Zuckerguss zu überziehen“, und stellt klar: „Diese Frauen kommen nach Afrika, um Sex zu kaufen, und in dem Moment, in dem sie es tun, beteiligen sie sich an der Prostitution. Weiblicher Sextourismus ist Ausdruck rassischer und wirtschaftlicher Dominanz – eine Rückkehr zur kolonialen Vergangenheit, in der weiße Frauen von schwarzen Lakaien bedient und verhätschelt wurden. Es ist nicht die Liebe, nach der sie suchen, sie sind hier für den Sex und die Herrschaft.“ Woraufhin er eine weitere Sextouristin zitiert, die ihre Einstellung gegenüber ihrem Lover klar kundtut, obwohl sie den Prostitutionsaspekt ihrer Beziehung abgestritten hatte: „Wenn er keine Leistung bringt, bekommt er nichts zu essen. Ende der Geschichte.“

 

10. Die Existenz einer Männerrechtsbewegung, die sich solcher Probleme annimmt

Die Feministin Maike Wolf, bis zum September 2018 Vorsitzende der Jungliberalen in Rheinland-Pfalz, beklagt in dem von mir herausgegebenen Wissenschaftsband „Gleichberechtigung beginnt zu zweit“ die fehlende Aufklärung zum Thema Männerrechte: „Durch die Medien erfährt man ja NICHTS darüber!“

Berichterstattung darüber wird offenbar sogar aktiv unterbunden. Im Juni 2018 etwa konstatierte der SPIEGEL in einem Artikel von Jochen-Martin Gutsch: „Vielleicht ist es Zeit für Maskulismus“. In der Recherche für diesen Beitrag wurden Interviews mit den Sprechern von Männerrechtsvereinen wie MANNdat und der „IG Jungen, Männer, Väter“ geführt; zu letzterem wird sogar ein Fotograf für begleitende Aufnahmen geschickt. Bei der Veröffentlichung des Artikels bleiben diese Gespräche und diese Initiativen unerwähnt. Der Leser erhält so den Eindruck, dass Zeit für eine Männerrechtsbewegung wäre, es diese Bewegung aber nicht gibt.

Berichten die Leitmedien ausnahmsweise doch einmal über diese Bürger- und Menschenrechtsbewegung, karikieren sie Männeraktivisten gerne als Bande von Frauenhassern, denen es nur darum gehe, angebliche „Privilegien“ zu erhalten – der entgegenstehenden politikwissenschaftlichen Forschung zum Trotz. Um welche Themen es Männerrechtlern in Wirklichkeit geht, wird verschwiegen. Stattdessen werden die Aktivisten als „Bedrohung von rechts“ verleumdet. Männer-Aktivisten sitzen auch in keiner der großen Talkshows, wenn es um Geschlechterthemen geht: Dass bei einer „Debatte“ nur eine Seite zu Wort kommt, muss dem Zuschauer genügen.

Was hier geschieht, wird in der Kommunikationswissenschaft als „symbolische Vernichtung“ bezeichnet: die „mediale Unterrepräsentierung einer Gruppe von Menschen, um soziale Ungleichheit aufrecht zu erhalten“. Dem Soziologen Gaye Tichmann zufolge zerfällt dieser Vorgang in drei Aspekte: „Auslassung, Trivialisierung und Verdammung. Dieser vielschichtige Ansatz der Berichterstattung verunglimpft nicht nur Identitätsgemeinschaften, sondern wirkt auch darauf hin, Mitglieder durch den expliziten Mangel an Repräsentation in allen Medien unsichtbar zu machen.“

So wie hier stellen die Öffentlich-Rechtlichen Aktivisten dar, die jene Probleme ansprechen, die ARD und ZDF tabuisieren. Sachliche und faire Berichterstattung über die Männerrechtsbewegung und ihre Anliegen gibt es bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht. Laut Rundfunkstaatsvertrag, Paragraf 11, haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zwar „die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote“ zu berücksichtigen. Das schreiben ihre Mitarbeiter aber dann in den Wind, wenn Bürger- und Menschenrechtler die tabuisierten Themen zur Sprache bringen.

Dieses Niveau der Auseinandersetzung schadet in erster Linie zwar den Aktivisten, vor allem aber den von den Leitmedien verschwiegenen Opfern. Wir bezahlen dies mit unseren Rundfunkgebühren.

Auch dass Männerrechtler längst mit Feministinnen zusammenarbeiten unterliegt dem Medientabu. Obwohl ich zuhauf Presse-Exemplare des von mir herausgegebenen Buches „Gleichberechtigung beginnt zu zweit“ an zig Journalisten von Dunya Halali über die „Zeit“ bis zum „Spiegel“ verschickte, erhielt ich darauf nicht einmal eine Antwort. So sieht „symbolische Vernichtung“ aus.

Die Folgen dieser Entwicklung: Das Vertrauen in die Leitmedien schwindet weiter. Stigmatisierte Menschen- und Bürgerrechtler können nur noch über das Internet Bewusstsein für drängende Probleme schaffen. Unsere Gesellschaft zersplittert in verschiedene Lager, die einander irgendwann nur noch anschreien können. Ein Blick in die USA zeigt, wohin diese Reise geht.